Der Parthenspatz und eine Beförderung in der Götterdämmerung

Herrlich, dieses Wetter. Da muss spatz einfach draußen rumflattern, Sonne genießen und sich den kühlenden Wind um den Schnabel wehen lassen. Besonders gern setze ich mich an eines der offenen Rathausfenster. Die Rathausenten tun ja nichts (also mir, meinte ich), krümeln für den frechen Spatz aber immer mal ein paar Bröckchen aufs Fensterbrett und schnattern an ihren Schreibtischen, dass ich kaum mit dem Lauschen hinterherkomme. Alles verstehe ich ja nicht, schließlich bin ich nur ein Spatz; aber interessant ist es schon.

Heute ging es wieder hoch her. Da kamen zu meinen beiden Lieblingsrathausenten noch drei andere hinzu, klapperten mit ihren Tassen und plötzlich prusteten sie los. Ich dachte ja erst, dass sie sich alle auf einmal verschluckt hätten an ihrem Kaffee. Aber nein, sie lachten wie der asthmatische Kauz im Trickfilm. Ich hörte auf zu picken, denn nun packte mich die Neugier.

Es ging wohl um den alten Ratsoberuhu, den sie Bürgermeister nannten. “Er kann ja nicht mehr”, schnatterte die eine Ratsente und die vier anderen kreischten fröhlich auf wie die Gabelweihen. “Weil schon dreimal hat und zu alt ist fürs vierte Mal.” Wieder kreischte es. Gibt es eigentlich Gehörschutz für Spatzen? Dann nahmen die fünf Ratsenten einen tiefen Schluck aus ihren Kaffeetassen und schnatterten weiter. “Und jetzt ist er stolz wie hundert russische Gardisten, was er alles geschafft hat”, fügte die kann-nicht-mehr-Ente hinzu. “Aber es ist ja wirklich eine Menge geworden”, stellte die etwas dickliche Ente fest, die mich immer mit Krümeln versorgt. “Die Mehrzweckhalle ist gebaut und wird irgendwann doch noch ganz fertig (“Kreisch”), der Marktplatz ist ein schöner Parkplatz mit Wlan-Anschluss geworden (“Kreisch”), der Bahnhof ist ein Schmuckstück und wird irgendwann auch fertig (“Kreisch”) und die Panitzscher glauben, dass ihr Zimmerplatz auch ganz toll wird (“Kreisch”).

Nun mischte sich eine junge Ente ein, die mir noch nicht lange flügge zu sein schien. “Und als gerechten Lohn für seine Erfolge ist er nun zum Oberbürgermeister ernannt worden”, gluckste sie und alle fünf kreischten diesmal so laut, dass ich beinahe vom Fensterbrett gefallen wäre. “Muss ja so sein, denn schließlich stand es im Amtsblatt.” Die Jungente wedelte mit einem Heft herum, und zeigte auf eine Seite. “Amtlicher Teil, hier steht’s mit Unterschrift und Dienstsiegel, ‘Oberbürgermeister’. Und zwei Seiten weiter gleich nochmal. (“Kreisch”) Nun fehlt nur noch der Titel ‘Lord Mayor’ zum Glück. (“Kreisch”)”

Jetzt tuschelten die fünf Ratsenten. “Das haben wir gut hinbekommen”, hörte ich. “Einfach falsch reingeschrieben und die Weißbauchtölpel im Verlag haben’s nicht geschnallt und so gedruckt.” Nachdem meine Krümelente ihre Kreischeinlage beendet hatte und wieder zu Atem gekommen war, holte sie tief Luft und schnatterte: “Wieso auch? Die merken doch nie was. Letztens haben sie Ratsbeschlüsse gedruckt, die waren ein Jahr alt. Aber wir sollten froh sein, das es uns nicht wie den Bornaer Ratsvögeln ergangen ist, da stand plötzlich ein ganz schlimmer Text im Amtsblatt, es gab Riesenärger und keiner von den Buchfinken, die im Rathaus und im Verlag fürs Prüfen und Lesen und Korrigieren zuständig waren, hat irgendwas gemerkt. Da hatten wohl alle bis hin zur obersten Schnee-Eule die Augen zu wie der Uhu auf der Sonnenbank.”

Den letzten Teil hab’ ich dann nicht wirklich verstanden. Aber das muss ich ja auch nicht, ich bin ja schließlich nur ein frecher Spatz.   ps

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